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Veröffentlicht am 2. März 2023 von Flo A. Lillpopp

Sehr geehrter Herr Vorsitzender

Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren,

Herr Schwedhelm,

auch wenn ich nicht gedacht hätte, mich so schnell in der Haut von Herrn Diedrich wiederzufinden, lassen Sie mir keine andere Option als hier nunmehr ebenfalls einen Antrag auf Nichtbefassung Ihres Antrages zu stellen.

Ihr Antrag ist weder inhaltlich noch fachlich geeignet dazu, in der vorliegenden Form in Betracht gezogen zu werden, sondern vielmehr weder fundiert noch begründet und schon gar nicht förderlich.

Eine Flächennutzungsplanung für WEAs ist – gemäß des Windenergieerlasses aus dem Jahr 2021 den Zielen des LROP sowie der Ziele des RROP anzupassen. Wörtlich heißt es im Erlass auf Seite 8 im Unterpunkt 2.4. zum Thema Flächennutzungs- und Bebauungspläne dabei:

„Bauleitpläne sind in eigener Verantwortung der Städte und Gemeinden aufzustellen. Sie sind den Zielen des LROP und den Zielen der Regionalen Raumordnungsprogramme anzupassen.“

Ein RROP liegt uns im Entwurf vor, der LROP ist zudem ebenso bereits bekannt. Letzter sieht vor, dass bis 2030 20 GWh Strom durch Windenergie erzeugt werden. Veranschlagt dafür werden etwa 1,4 Prozent der Landesfläche. Um eine Beteiligung daran kommt auch die Stadt Duderstadt nicht herum.

Gerne möchte ich Ihnen aber genauer erläutern, wieso:

Bereits das BVerwG hat festgestellt, dass die Planungsträger der Windenergie einen substanziellen Raum zu verschaffen hat. Was genau ein substanzieller Raum ist, ist dabei schlussendlich eine Einzelfallentscheidung. Eine, die ziemlich sicher einer gerichtlichen Prüfung unterzogen wird, sofern hier einer der Stakeholder sich ungerechtfertigt benachrichtigt fühlt. Was wiederum neben den Kosten für die Erstellung eines FNP weitere Kosten nach sich ziehen wird.

Weiterhin kommen wir auch in einem FNP nicht drum herum Gebiete auszuweisen, die zum Betrieb von WEG geeignet sind. Dabei muss im Kontext zum gesamten Planungsraum die Privilegierung von WEA erkennbar sein. Auch das ist nicht trivial.

Ein schnellstmöglicher Abschluss ist – gerade in Anbetracht des für uns als Planungsträger verbindlichen Windenergieerlasses des Landes – mit neuen, weiteren Kosten verbunden. Gleichwohl müssten wir unsere Planung – auch das regelt der Windenergieerlass – entsprechend der Regelungen des RROP anpassen. Womit wir jetzt zunächst Mittel für recht wenig aufwenden.

Natürlich können wir auch den Bürgermeister beauftragen das Gespräch mit dem Landrat zu suchen und darauf hinzuwirken, dass die in der Stadt Duderstadt im RROP vorgesehen Potenzialflächen reduziert werden. Gleichzeitig muss hier argumentiert werden, dass wir in einer deutlich komfortableren Position für solche Gespräche wären, wenn dieser Rat nicht seit den 90er Jahren immer wieder nachhaltig versucht hat die Erschließung von Flächen für die Nutzung von Windenergie zu blockieren. Wer immer nur „aber nicht vor meiner Haustür“ brüllt, muss sich nicht wundern, wenn im Ergebnis genau das passiert.

Zudem gilt: Selbst wenn wir jetzt einen FNP auf den Weg bringen und dieser Rechtskraft erlangt sind alle bis dahin eingeleiteten Planungsverfahren weiterhin federführen und nach den Regelungen des BImSchG durch die entsprechenden Behörden gemäß der Festlegung der Windenergie als privilegierte Bauvorhaben gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zu behandeln. Übrigens idr. gem. § 19 BImSchG im vereinfachten Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung.

Auch im dritten Punkt ihres Antrages wollen Sie aus rein ideologiepolitischen Gründen weiter Geld mit beiden Händen aus dem Fenster werfen. Eine Prüfung von möglichen rechtlichen Schritten gegen den Landkreis wird nämlich genau das sein. Hätten Sie sich die Mühe gemacht und sich über die einfachen Stammtischphrasen hinaus mit dem Thema zu befassen, wüssten Sie, dass wir bereits jetzt keine wirkliche Handhabe mehr gegen WEAs auf dem Stadtgebiet haben. Und dass es das Prorogativ des Landkreises ist eine entsprechende Flächenfestlegung im RROP vorzunehmen.

Anerkennender Weise muss ich jedoch feststellen, dass sie sich – bei allem Populismus in Ihrem Antrag und der Begründung – auch zumindest ein Wenig an meinen Anträgen zur letzten Sitzung des Rates orientiert haben. Ihre Forderung Windenergie auf dem Gebiet der Stadt Duderstadt weiterhin mit allen mittel zu blockieren, gleichzeitig aber das Geld für Windenergieanlagen bereits jetzt – ohne, dass wir überhaupt eine Anlage auf dem Stadtgebiet haben, oder wüssten mit welchen Zahlen wir kalkulieren können – verteilen zu wollen hat satirisches Potenzial, Chapeau.

Ganz realistisch kann ich Ihnen in diesem Thema sogar zustimmen. Sollte es irgendwann Mittel aus der verpflichtenden Beteiligung der Gemeinden an den Erträgen der Windenergie geben, dann sollten die definitiv den Ortsteilen zugutekommen, die auch direkte Anlieger der WEAs sind. Darüber sollte hier – wenn es dann irgendwann entsprechende WEAs auf dem Stadtgebiet gibt – auch recht einfach einen Konsens geben. Da man mit ungelegten Eiern aber keinen Kuchen backen kann, sollten wir darüber auch erst dann reden, wenn es so weit ist. Ich für meinen Teil bin nämlich nicht bereit einem ggf. sogar zukünftigen Rat vorzuschreiben, wie er seine Haushaltsmittel zu verteilen hat. Dafür haben wir Haushalte und Haushaltsberatungen.

Wie Sie sich das mit der Verwendung und Verteilung von Gewerbesteuerreinnahmen vorstellen dürfen Sie sicherlich auch – wenn wir dann irgendwann Windenergieanlagen und damit verbunden auch eventuelle Steuereinnahmen haben – erklären dürfen. Ich möchte jedoch bereits jetzt an das Steuergeheimnis erinnern und feststellen, dass wir als Rat gar nicht erfahren werden, ob, in welcher Höhe und von wo die Gewerbesteuereinnahmen stammen.

Dass Sie zudem verlangen, dass wir uns als Rat der Stadt Duderstadt in das Haushaltsprorogativ des Kreistages einmischen zeigt einmal mehr auf wie weit abseits jeder politischen Realität ihr Antrag steht. Glauben Sie wirklich, dass der Landkreis Göttingen einerseits bereit ist mit uns im Dialog eine Lösung für die Zuweisung der Windpotenzialflächen zu finden, wenn wir auf der anderen Seite auch direkt sagen, wofür der Landkreis seine Steuereinnahmen aus diesem Gebiet verwenden soll?

Bereits mit nur einem Hauch politischen Feingefühls sollten hier auch bei Ihnen sämtliche Alarmglocken läuten.

Womit ich auch schon zum nächsten Punkt Antrags komme. Wenngleich es begrüßenswert wäre, wenn Harzenergie und EEW sich bei Ausbau der Windenergie im Gebiet der Stadt Duderstadt als federführende Kräfte hervortun würden, so hätte dies bereits vor 10 oder gar 20 Jahren beginnen müssen. Das jedoch ist offensichtlich gar nicht ihr Ziel. Vielmehr soll der Bürgermeister als Vertreter der Stadt Duderstadt im Aufsichtsrat der Harzenergie sowie dieser als auch die durch den Rat entsandten Mitglieder des Aufsichtsrats der EEW entgegen den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen eine weitere Entwicklung der Windkraft innerhalb beider Unternehmen – und damit auch die Generierung weiterer Erträge und Einnahmenströme vermindern oder gar verhindern. Damit stellen sie eine Forderung auf die – sofern beschlossen – nicht nur von äußerstem Nachteil für die Stadt Duderstadt direkt – Gewerbesteuereinnahmen, Ausschüttungen, etc. – sondern auch zu einer wirtschaftlichen Schwächung beider Unternehmen führt. Dass so ein Verhalten nicht ohne Konsequenzen bleibt – Insbesondere da die Harz Energie zu einem signifikanten Teil nicht im Besitz der Stadt Duderstadt ist, sollte klar sein. Würden wir beschließen in wirtschaftlich den Unternehmen abträglicher Art und Weise auf Planungen beider Unternehmen einzuwirken würde dies einzig und allein den Effekt haben, dass es andere – nicht regionale – Unternehmen sein werden, die die Windenergiepotenziale auf dem Gebiet der Stadt Duderstadt erschließen. Und Einnahmen aus diesem Gebiet würden entsprechend auch nur zu einem verringerten Anteil in der Stadt bleiben.

Schließen tun Sie ihren Ursprungsantrag sodann mit der Forderung, dass Sie auf dem Gebiet der Stadt Duderstadt Windparks, welche über 100 % der Deckung des Energiebedarfs des Gemeindegebietes hinausgehen verhindern wollen. Eine Forderung die nicht nur unglaublich unsolidarisch ist, sondern einmal mehr die energiepolitischen Realitäten unserer Zeit verkennt. Wir haben in Duderstadt weder einen Braunkohletagebau noch ein KKW oder AKW vor der Haustür. Sollten Sie also keinen WKA-Standort in Duderstadt wünschen, können sie sich ja alternativ dafür aussprechen in Bischofferode das Bundesweite Endlager für den Atommüll einzurichten. Im Sinne der Solidarität mit anderen Gemeinden und deren Einwohnern wäre auch dies sicher ein Zeichen der Solidarität. Und genau das ist das Stichwort, dass Sie sich dringend hinter die Ohren schreiben sollten, wenn Sie das nächste Mal eine Tirade gegen Windkraft in einen Antrag gießen wollen. In einer Solidargemeinschaft wie der unseren gehört es dazu auch einmal über den eigenen Bedarf hinaus Lasten zu übernehmen, um dem Wohle aller zu dienen.

Und dann haben Sie mit Ihrem Ergänzungsantrag noch einmal nachgelegt. Und wenn ihr ehrlich bin weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll.

Rein formal beantragen Sie technische Vorgabe ein einen B-Plan schreiben zu wollen, obwohl sie vorher einen FNP fordern. Was allein schon absurd ist. Wenn man bedenkt, dass selbst ein B-Plan nicht der richtige Ort und insbesondere auch nicht das richtige Medium für eine solche Regelung ist, führt dies Ihren Antrag ad Absurdum. Für derartiges haben wir Regulierungsbehörden, das sind wir nicht.

Dann dürfen wir nicht vergessen, dass die EU in Bezug auf die Verwendung von SF6 im Einsatzbereich der Energieversorgung bereits klare Richtlinien hinsichtlich der Verwendung und Reduktion vorgibt und für die Verwendung in u.a. Mittelspannungsschaltanlagen ein Verbot ab 2030 vorsieht.  Damit, und basiert darauf, dass es bereits zahlreiche Vereinbarungen und Pläne zur Reduktion von SF6 gibt, gibt es auch hier nichts, womit wir uns befassen können oder müssten.

Fachlich ist anzumerken, dass SF6 gar nicht in den WKA selbst verbaut wird, sondern vielmehr nur in den Schaltanlagen. Und dies übrigens auch nicht exklusiv in den Schaltanlagen von WKAs.

Ihr Feldzug gegen die Windenergie führt auch hier dazu, dass sie zahlreiche Fakten ausblenden. SF6 wird außer in Schaltanlagen für Hoch- und Mittelspannungstechnik und Trafos auch in Messwandlern, Röntgenanlagen, Radarsystemen, in der medizinischen Bestrahlung, bei der Lecksuche in Treibstofftanks und Rohrleitungen, als Schutzgas bei Magnesiumdruckguss und in der Halbleiter-, Display und Mikroelektronik eingesetzt. Außerdem wurde SF6 sehr häufig als Füllgas in Isolationsverglasung für den Lärmschutz eingesetzt.

Wollen Sie auch alle diese Nutzungszwecke in Duderstadt unterbinden? Oder ist ihnen die Verwendung von SF6 dort egal, weil es keine WKAs sind?

Auch ihr Ergänzungsantrag ist also – wie nicht anders zu erwarten – weder inhaltlich noch fachlich zur Beschlussfassung oder Beratung geeignet. Damit umfasst mein Antrag auf Nichtbefassung diesen ebenso explizit.

Nach der letzten Ratssitzung hat Frau Eichner-Ramm für das Tageblatt kommentiert, dass der Spaß seine Grenzen hat. Mit Blick auf Ihren Antrag kann ich mich dieser Feststellung nur anschließen. Was Sie uns hier vorgelegt haben, ist eine misslungene Satire ohne inhaltlichen Wert. Und sehen Sie mir es nach, dass ich das so deutlich benenne, aber es ist auch nichts anderes als platter und billiger Populismus. Als Landesvorsitzender einer populistischen Kleinstpartei kann ich das im Übrigen recht gut beurteilen, immerhin ist es in der Regel der Wähler*innenauftragt an meine Partei derartigen Unsinn zu fabrizieren.

Noch einen Schritt weitergehend muss ich Ihnen jedoch auch sagen, neben dem Spaß muss auch der inhaltliche und handwerkliche Dilettantismus und das gefährliche Halbwissen, mit dem Sie hier Stammtischforderungen aufgestellt haben Grenzen hat. Und auch diese sind hier weit überschritten. Damit ist die Nichtbefassung mit dem vorliegenden Antrag der einzig sinnvolle Weg für das weitere Verfahren. Jede anderslautende Entscheidung wäre nicht nur peinlich für die Stadt Duderstadt, sondern auch für die Gesellschaftsbeteiligungen und haushaltspolitisch mehr als unverantwortlich.

Daher bitte ich um Zustimmung zum Antrag auf Nichtbefassung.